In der Regel hasse ich Cover-Versionen. Meiner Meinung nach kann man die guten Cover-Versionen der Musikgeschichte an einer Hand abzählen. 98 % aller Cover-Versionen verrichten völlig verdient ein staubiges Dasein auf den hinteren Regalen der CD-Türme bzw. Playlists. Im besten Fall versucht der kopierende Künstler eine Doublette, eine 1:1 – Nach-Einspielung, um im Hörer wenigstens eine nostaligsche Erinnerung an den Originalsong wachzurufen. Reine Coverbands, Top40-Kapellen und Bierzeltbands leben von diesem Geschäftsmodell – allerdings mehr schlecht als recht.
Regeln und Ausnahmen
Natürlich gibt es Ausnahmen von der Regel. In The Air Tonight ist so ein Fall. Schon das Orinigal von Phil Collins hat einen ganz eigenen Charakter, beginnt leise, fast lauernd. Und wenn man denkt, hm, jetzt wird es ein bisschen langweilig, kommt dieses krasse Schlagzeug-Fill, und man weiß: Die 80er sind da, und zwar mit Ausrufezeichen. 2004 haben Nonpoint den Song gecovert, auch mit einem ganz eigenen Dreh, sehr rockig, dreckig, aber mit einer glasklaren, eng gesetzten voice line, elektrisierend. Da ist für mich das Cover sogar fast besser als das Original. Witzigerweise landete der Song 2006 auf dem Soundtrack des „Miami Vice“ – Hollywood-Remakes (mit Colin Farrell und Jamie Foxx). 80ies-Cover meets 80ies-Cover.
Cover-Versionen ermöglichen Perspektivwechsel
Der Beruf hat viel mit Musik und Cover-Versionen zu tun. Oft hören wir auf der Arbeit die immer gleichen Platten. Manchmal gefallen sie uns, manchmal nicht. „Das haben wir schon immer so gemacht“ ist so ein Evergreen, der die Charts der Berufswelt anführt. Gegen manche Originale ist auch gar nichts zu sagen. Sie haben sich bewährt und sollten nicht leichtfertig gegen neumodische Covers ausgetauscht werden, die dem Original oft nicht das Wasser reichen können (siehe oben). Aber manchmal sollte man sich eben doch auf Cover-Versionen einlassen. Weil sie zwar das Gleiche darstellen, aber auf eine neue, vielleicht inspirierende Art und Weise.
Machen Sie Meetings zu Cover-Alben
Meetings sind oft Veranstaltungen, bei denen nur eine Platte gespielt wird. Einer gibt vor und die anderen tanzen nach. Das ist im besten Fall Zeitverschwendung und im schlimmsten Fall nervtötend. Daher: Kopieren Sie den Original-Sprecher nicht einfach. Produzieren Sie ein eigenes Cover, welches das Thema aus neuer Perspektive darstellt, etwas Eigenes, Mutiges. Dazu gehören zwei Dinge: Zuhören und Kreativ sein. Wirklich Zuhören ist eine Fertigkeit, die man trainieren muss und die Sie ganz einfach bei sich prüfen können. Solange Sie denken: „Wann hat der andere ausgeredet, damit ich endlich auch mal dran bin?“, hören Sie nicht wirklich zu. Erst durch Zuhören, Durchdringen der Botschaft und das Hinzufügen von etwas Neuem entstehen wirklich gute Cover-Versionen – in der Musik und im Meeting.
Smells Like Team Spirit
Für alle, die sich noch einmal musikalisch inspirieren lassen wollen, gibt es hier eine grandiose Original – Cover – Entwicklung. Mich persönlich hat sie aus den Socken gehauen: Smells Like Teen Spirit, einmal von Nirvana und einmal von Tori Amos. Zum Original habe ich als Teenie abgetanzt, das Cover hörte ich irgendwann später eines Spätnachts im Radio. Es hat mich sofort gepackt. Wenn Sie es hören und das Original kennen, wissen Sie, warum. Es ist völlig anders als die Nirvana-Version: zart, zerbrechlich, mit der warmen, drängenden Stimme von Tori Amos. Der gleiche Song, aber mit einem grandiosen Perspektivwechsel. Wenn Sie also das nächste Mal im Meeting sitzen, schreiben Sie sich „Nirvana“ und „Tori Amos“ auf einen kleinen Zettel. Denken Sie an den Perspektivwechsel, hören Sie zu – und mixen dann Ihr eigenes, inspiriertes Meeting-Cover. Der Team Spirit wird es Ihnen danken.
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